Remarkable Clouds
24. Juli 2018
Flugverbot
24. Juli 2018

Wind Nordost, Startbahn Null Drei

 

Tag 31 | Wanaka

Wind Nordost, Startbahn Null Drei

Beim Frühstück überlegen wir uns Alternativen zu unserer Westküstentour. Wenn der Haast Pass gesperrt bleibt, müssten wir 11 Stunden lang die Southern Alps umfahren, um zur nächsten Bleibe nach Flox Glacier zu kommen…über die selbe Route, die wir schon mit unserem 6 Stunden Tripp abgegrast haben.
Die Lösung wäre also eher die Unterkunft zu stornieren und mit Zwischenstopp (ebenfalls auf der 6 Stunden Twizel Route) zur nächsten in Hokitika zu fahren. Das nächste Update zur Pass Sperre soll es heute um 15 Uhr geben, genau dann, wenn unsere kostenlose Stornierungsmöglichkeit verfällt. Zum Glück hat unser nächster Host schon signalisiert, dass eine Stornierung trotzdem kein Problem wäre.

Ich hatte gestern mit dem Gedanken gespielt heute schon ganz früh aufzustehen und alleine zu „Roys Peak“ hochzulaufen, von wo man einen atemberaubenden Blick auf Wanaka hat…war dann aber doch zu faul 😉
Anstatt dessen folgen wir gemeinsam Susans Tipp und besteigen den deutlich angenehmeren Mount Iron, den wir komplett zu Fuß erreichen können und von dem wir problemlos um 14 Uhr wieder für unser nächstes Highlight zurück sein werden.

Heute haben wir wieder bestes Wetter und so kraxeln wir im Sonnenschein den Hügel hoch, um von oben sowohl in Richtung Westen nach Wanaka, als auch in Richtung Norden zum Mount Aspiring Nationalpark und nach Süden auf unser temporäres zu Hause schauen zu können.

Auf dem Rückweg machen wir noch Halt im hervorragenden Double Black Café und haben dann noch so viel Zeit, dass wir unsere Kreditkartenabrechnungen checken und sogar Susan bei ihrer grafischen Planung für ein Schwimmseminar helfen können.
Außerdem gibt es gute Nachrichten: Der Haast Pass ist wieder befahrbar und wir können bei unserem ursprünglichen Plan bleiben.
Zunächst steht aber etwas anderes an, bei dem Erdrutsche kein Problem darstellen sollten: ich habe Sandra zu Weihnachten einen Flug geschenkt, bei dem sie sogar selber fliegen darf (oder muss).

Wir fahren zum 10 Minuten entfernten Flughafen und melden uns dort an.
Vor uns diskutiert eine chinesische Familie mit der Empfangsdame und kurze Zeit später erfahren wir am eigenen Leib worum es geht. Das Paar hat zwei Kinder dabei, eins mehr, als mit Pilot in ein Flugzeug passen. Aber zum Glück gibt es ja noch uns und was liegt da näher, als einen kleinen chinesischen Jungen mit drei Fremden, deren Sprache er nicht spricht, in ein Flugzeug zu setzen.

Wir sind etwas verdutzt, aber bevor wir uns überlegen können, wie wir einigermaßen höflich aus dieser Situation rauskommen (wir können ja schlecht die Wahrheit sagen, dass wir das Balg aus dem Fenster schmeißen, wenn es uns da oben auf den Keks geht oder Panik bekommt 😉 ), kommt uns die Dame vom Empfang zur Hilfe und sagt, dass das nicht ginge, weil wir einen längeren Flug gebucht hätten. Puh.
Wie das Ganze ausgeht erfahren wir leider nicht mehr, aber die Empfangsdame sagt uns, dass sie bereits abgelehnt hat während des Fluges den Babysitter zu spielen.

Unser Pilot Liam begrüßt uns, nachdem wir uns ein Einführungsvideo angeschaut haben, und wir schauen uns gemeinsam die heutige Route über Lake Wanaka und die Gletscher des Mount Aspiring Nationalpark an. Gut, dass ich Sandra nicht alleine mit diesem Top Gun Klischee erfüllenden schönen Fiffi durch die Lüfte segeln lassen muss.
Dann geht es auch schon los und wir besteigen unser Flugzeug.
Sandra nimmt vorne auf dem Platz des Co-Piloten Platz, ich darf mich hinten in der kleinen Cessna breit machen.

Liam erklärt Sandra die Funktionen, die sie für heute kennen muss und nach 5 Minuten geht es auf ein mal ganz schnell und wir heben ab.

Sandra darf schon am Start mit hochziehen (beide haben jeweils einen Steuerknüppel) und während ich mich hinten wie ein Schnitzel freue, schwankt sie zwischen Freude und verkrampften festhalten des Steuers.

Wir überfliegen unsere Unterkunft in Albert Town, Wanaka, den See und steuern dann auf den Mt. Aspiring Nationalpark mit seinen Gletschern und dem namensgebenden Berg zu, der aufgrund seines Aussehens auch das Matterhorn der Southern Alps genannt wird.

 

Liam erzählt uns ganz entspannt Geschichten zu den jeweiligen Orten und zum Fliegen an sich, während er nebenbei dafür sorgt, dass Sandra uns nicht gegen eine Eiswand fliegt. Die darf nämlich inzwischen mehr oder weniger alleine zwischen den beeindruckenden Eismassen umher fliegen (was sie übrigens sehr souverän meistert).

Bevor der Flug gebucht war, wollten wir eigentlich eine Wanderung zum Rob Roy Gletscher unternehmen, den wir nun unter uns sehen, aber das hier ist definitiv um Längen besser und ich kann mich gar nicht entscheiden, ob ich lieber links oder rechts aus dem Fenster schauen soll.

Wir fliegen wieder zurück über den See und durchqueren Massen von Paraglidern, die heute irgendeinen Wettkampf austragen – morgen wollen wir übrigens ähnliches erleben, aber dazu später mehr. Interessant, wie Liam in Rücksprache mit den anderen Piloten am Himmel versucht, keinen von den Paraglidern in unserem Propeller landen zu lassen.

Die Landung ist dann eher wieder Liam’s Sache und erfolgt butterweich. Als wir aussteigen sind Sandras Hände kalt und gleichzeitig schweißnass, aber auch bei ihr überwiegt die Freude über ein einmaliges Erlebnis. Sandra ist jetzt übrigens nur noch 49 Trainingsstunden vom Pilotenschein entfernt, denn der Flug kann tatsächlich angerechnet werden.

Ebenerdig geht es nun zurück nach Albert Town, wo Susan etwas überrascht scheint, uns noch mal lebend wiederzusehen.
Wir bekommen die Chipkarte für den Pool um die Ecke, der von der Nachbarschaft gemeinsam genutzt wird und verarbeiten zwischen einer Horde Kinder (ja, das Wasser ist verdächtig warm…) in der Sonne unser Erlebnis.

Danach schmeißen wir uns in unsere „Abendgarderobe“ (wir haben jeweils eine Kombination mit, die nicht nach spießigen Wander-Deutschen aussieht) und setzen uns in ein Restaurant am Lake Wanaka, dieses Mal ohne geflügelte Besucher (mit Ausnahme der fantastischen Hähnchenrolle auf meinem Teller).

Zum Tagesabschluss bietet uns Gary ein Glas Baileys an und wir sitzen ein Stündchen zu viert zusammen und zeigen unsere Hochzeitsfotos (die beiden sind in zweiter Ehe mit verschiedensten erwachsenen Kindern relativ frisch verheiratet, kennen sich aber schon seit ihrer Kindheit), bevor wir die Augen zu machen und vom Fliegen träumen.

 

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